
Wichtigste Erkenntnisse
- Cannabiskonsum kann mit einer verbesserten Insulinempfindlichkeit bei Typ 2 Diabetes in Zusammenhang stehen
- CBD kann entzündungshemmend wirken und möglicherweise Betazellen schützen
- Typ 1 Diabetiker haben ein erhöhtes Risiko für Ketoazidose bei unkontrolliertem THC-Konsum
- Die Studienlage ist noch nicht ausreichend für klare medizinische Empfehlungen
- Eine Anwendung sollte nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, vor allem bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes
Könnte Cannabis auch eine Rolle bei der Diabetesbehandlung spielen? Diabetes ist eine chronische Krankheit, die Millionen von Menschen auf der ganzen Welt betrifft. Diabetes wird im Allgemeinen in zwei Arten unterschieden, die sich Diabetes Typ 1 und Typ 2 nennen.
Beide müssen ärztlich behandelt werden, um Komplikationen zu vermeiden, wobei die Kontrolle des Blutzuckerspiegels schwierig sein kann. Deshalb suchen viele Menschen nach neuen Möglichkeiten, ihrem Körper zu unterstützen. Ein Bereich, der auch immer mehr das medizinisches Interesse weckt, ist die mögliche Rolle von Cannabis bei der Behandlung von Diabetes.
Hierbei weisen erste Studien daraufhin, dass der Konsum von Cannabinoiden mögliche Vorteile mit sich bringen kann. Jedoch fehlen noch mehr eindeutige Studien und Erkenntnisse. Daher beleuchten wir in diesem Artikel, inwiefern Cannabis aufgrund der aktuellen Forschungslage bei Diabetes hilfreich sein könnte und welche Risiken bei den unterschiedlichen Typen zu beachten sind.
Was ist Typ-1- und Typ-2-Diabetes?
Um dieser Fragestellung näher auf den Grund zu gehen, ist es zuerst wichtig, den Unterschied zwischen Typ-1- und Typ-2-Diabetes (1) genauer zu verstehen:
- Typ 1 Diabetes gehört zu den Autoimmunerkrankungen, bei der das Immunsystem die insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört. Dabei kommt es zu einem absoluten Insulinmangel, der eine lebenslange Insulintherapie mit sich bringt.
- Typ 2 Diabetes entsteht meistens durch Übergewicht, Bewegungsmangel und anderen Lebensstilfaktoren. Hierbei produziert die Bauchspeicheldrüse zwar Insulin, jedoch können die Körperzellen nur eingeschränkt darauf reagieren, was auch als Insulinresistenz bezeichnet wird.
Überblick der Unterschiede und potenziellen Cannabiswirkungen
Besonderheit | Typ 1 Diabetes | Typ 2 Diabetes |
Insulinproduktion | Es wird wenig bis kein Insulin produziert | Insulin wird produziert, aber nicht effektiv genutzt |
Cannabiswirkung | Kann entzündungshemmend wirken, jedoch Risiko für Ketoazidose | Kann die Insulinempfindlichkeit verbessern, Blutzucker senken |
Behandlung | Insulintherapie, kontinuierliche Überwachung | Lebensstiländerung, orale Antidiabetika oder Insulin |
Cannabiskonsum und mögliche Auswirkungen auf Diabetes Typ 1 und Diabetes Typ 2
Ob es einen sinnvollen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Diabetes gibt, wird immer mehr wissenschaftlich untersucht. Hierbei liefern Beobachtungsstudien und tierexperimentelle Daten Hinweise darauf, dass bestimmte Cannabinoide die Insulinempfindlichkeit verbessern und Entzündungen reduzieren können. Diese Effekte sind vor allem bei Typ 2 Diabetes von Interesse. Studien deuten darauf hin, dass Cannabiskonsumenten im Vergleich zu Nicht-Konsumenten niedrigere Nüchterninsulinwerte und eine bessere Blutzuckerkontrolle aufweisen können.
Typ-1-Diabetes und das Risiko der Ketoazidose
Menschen die mit Typ 1 Diabetikern erkrankt sind, bringen ein höheres Risiko im Zusammenhang mit Cannabiskonsum mit sich. Dies belegen einige Fallberichte, in denen das Auftreten einer diabetischen Ketoazidose in Verbindung mit Cannabis beschrieben wird. Unter Ketoazidose versteht man eine akute Komplikation, bei der es durch Insulinmangel zu einem gefährlichen Anstieg von Ketonen im Blut kommt.
Hierbei kann THC eventuell den Stoffwechsel so beeinflussen, dass dieses Risiko erhöht wird. Deswegen sollten Patienten die mit Typ 1 Diabetes erkrankt sind, Cannabis nur unter ärztlicher Aufsicht und Begleitung konsumieren.
Typ-2-Diabetes und der Einfluss des Cannabiskonsums auf Insulin und Blutzucker
Im Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und verbesserter Insulinempfindlichkeit bei Typ-2-Diabetikern haben Forscher möglicherweise neue spannende Aspekte entdeckt. Die viel zitierte Studie von Penner et al. (2013) (2) ergab beispielsweise, dass häufige Cannabiskonsumenten relativ niedrigere Nüchterninsulinwerte und eine bessere allgemeine Blutzuckerkontrolle hatten als Nichtkonsumenten.
Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass Diabetiker mit der Diabetes Typ-2-Erkrankung Cannabis zur Regulierung des Blutzuckers verwenden könnten.
CBD und seine potenziellen Vorteile bei Diabetes
Cannabidiol (CBD), ein nicht psychotrop wirkendes Cannabinoid, zeigt in vielen Studien entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften. (3) Damit könnte es die Funktion der Betazellen schützen und möglicherweise die Insulinempfindlichkeit verbessern.
Außerdem kann CBD bei diabetischer Neuropathie Schmerzen lindern. Damit ist eine Schädigung der Nerven gemeint, die häufig bei länger bestehendem Diabetes mellitus auftritt und Schmerzen, Taubheitsgefühle oder Brennen in Händen und Füßen verursachen kann. Zudem scheint das Risiko von Ketoazidose im Gegensatz zu THC bei CBD nicht so stark erhöht.
Mögliche Begleitwirkungen und Risiken
Wie du sicher bereits schon weißt, kann der Cannabiskonsum bei Menschen mit Diabetes und auch im Allgemeinen nicht nur potenziell positive Wirkungen entfalten. Sondern es kann auch mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein und zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen.
Diese Nebenwirkungen können sowohl körperlicher als auch psychisch auftreten sein und sollten insbesondere bei chronisch kranken Patienten mit Vorsicht betrachtet werden.
Mögliche Nebenwirkungen im Überblick:
- Konzentrationsstörungen und Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit
- Veränderungen der Leberwerte bei regelmäßigem Konsum
- Psychische Reaktionen wie Angst, Paranoia oder depressive Verstimmungen
- Auftreten des sogenannten Cannabis-Hyperemesis-Syndroms (wiederholtes Erbrechen)
- Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die bei Diabetes typischerweise eingenommen werden
Besonders bei jungen Erwachsenen und Patienten mit mehreren Begleiterkrankungen oder mehreren einzunehmenden Medikamenten sollte Cannabis ausschließlich unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden.
Rechtlicher Status und medizinischer Einsatz
Medizinisches Cannabis kann in Deutschland auch nach der Teil-Legalisierung nur unter bestimmten Voraussetzungen verschrieben werden. Der Zugang ist zwar generell leichter als vorher, da Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel gilt, jedoch erfolgt die Verschreibung über ein Rezept, das nach von einem Arzt ausgestellt werden muss.
Bei Diabetes mellitus im Speziellen ist dies aktuell nur in begründeten Einzelfällen möglich, etwa zur Behandlung therapieresistenter Schmerzen und nicht als Therapie für die Grunderkrankung.
Deshalb gibt es derzeit keine generelle Zulassung für Cannabis zur Behandlung von Diabetes Typ 1 oder Typ 2. Der Einsatz erfolgt individuell und muss sorgfältig ärztlich begleitet werden.
Wichtige Hinweise:
- Die Verschreibung ist nur durch zugelassene Ärztinnen und Ärzte möglich.
- Als Voraussetzung gilt, dass keine ausreichende Wirksamkeit durch etablierter Therapien gegeben ist.
- Die Bundesärztekammer gibt ärztliche Empfehlungen zum Einsatz
- Kliniken wie die Kalapa Klinik in Spanien unterstützen Patienten bei der Antragstellung
Fazit
Cannabis kann bei bestimmten Patienten mit Diabetes mellitus eine unterstützende Rolle spielen, insbesondere durch den Konsum von CBD. Außerdem weist die Studienlage auf mögliche Vorteile bei Typ 2 Diabetes hin. Dazu gehören eine mögliche verbesserte Insulinempfindlichkeit und entzündungshemmende Effekte.
Für Typ 1 Diabetiker hingegen besteht ein erhöhtes Risiko für Ketoazidose, vorwiegend bei unkontrolliertem THC-Konsum. Deswegen solle eine Anwendung nur in enger Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Weitere Studien sind erforderlich, um den therapeutischen Nutzen und die Sicherheit von Cannabinoiden bei Diabetes mit Sicherheit bewerten zu können.
Quellen:
Bundesministerium für Gesundheit. (o. D.). Diabetes. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/diabetes.html
Penner, E. A., Buettner, H., & Mittleman, M. A. (2013). The impact of marijuana use on glucose, insulin, and insulin resistance among US adults. The American Journal of Medicine, 126(7), 583–589. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23684393/
Zhang, J., Lin, C., Jin, S., Wang, H., Wang, Y., Du, X., Hutchinson, M. R., Zhao, H., Fang, L., & Wang, X. (2023). The pharmacology and therapeutic role of cannabidiol in diabetes. Exploration, 3(5), 20230047. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/EXP.20230047
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). (2023). Arzneimittel-Richtlinie: Abschnitt N – Cannabisarzneimittel (§§ 44–46). https://www.g-ba.de/downloads/40-268-9384/2023-03-16_AM-RL_Paragraf-4a-Abschnitt-N-Paragrafen-44-46-Cannabisarzneimittel_ZD.pdf
Kalapa Clinic. (o. D.). Medical cannabis treatment for patients. https://www.kalapa-clinic.com/en/patients/