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Medizinisches Cannabis am Arbeitsplatz einnehmen: was ist erlaubt und was nicht?

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Wichtigste Erkenntnisse

9 Minuten Lesezeit
  • Medizinisches Cannabis wird seit April 2024 durch das Medizinal-Cannabisgesetz geregelt, Verschreibung und Abgabe bleiben ärztlich und apothekenpflichtig.
  • Volljährige dürfen bis zu drei Pflanzen anbauen und 25 g öffentlich oder 50 g privat besitzen, müssen aber arbeitsfähig bleiben.
  • Ärztlich verordneter Cannabiskonsum rechtfertigt keine Abmahnung oder Kündigung, solange keine konkrete Gefährdung vorliegt.
  • Die Unfallversicherung zahlt auch bei verordnetem Cannabis, sofern kein ursächlicher Zusammenhang zum Unfall besteht.
  • Drogentests oder Verbote am Arbeitsplatz müssen mit dem Betriebsrat abgestimmt werden.

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Auch in deutschen Betrieben und Büros greifen die Menschen bzw. die Mitarbeiter zunehmend auf medizinisches Cannabis zurück, um etwa chronische Schmerzen oder Spastiken besser zu bewältigen. Viele Betroffene berichten, dass sie mit medizinischem Cannabis ihre Arbeitsfähigkeit erhalten können und trotz gesundheitlicher Einschränkungen eine gleichbleibende Arbeitsleistung erbringen können.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Welche gesetzlichen Regelungen gelten für den Konsum von Cannabis als Medizin am Arbeitsplatz? Inwieweit greifen die Vorschriften des Arbeitsrechts, die Pflichten aus dem Arbeitsschutz sowie der Schutz durch die deutsche gesetzliche Unfallversicherung? Und welche Verantwortlichkeiten treffen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn es um Drogentests, Haftungsfragen und Betriebsvereinbarungen geht?

Im Folgenden Artikel schaffen wir Klarheit über die wesentlichen Rahmenbedingungen und räumen mit verbreiteten Irrtümern zum Konsum von medizinischem Cannabis am Arbeitsplatz auf.

Rechtliche Rahmenbedingungen zu medizinischem Cannabis

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Mit dem Inkrafttreten des Medizinal-Cannabisgesetzes im April 2024 im Zuge der Cannabis Legalisierung wurde der rechtliche Status von medizinischem Cannabis grundlegend neu geregelt. Hier findest du einen groben über das MedCanG und den Bezug zum Arbeitsrecht, wobei wir die einzelnen Punkte im weiteren Verlauf des Artikels nochmal genau unter die Lupe nehmen:

  • Ärztlich verschriebenes Cannabis fällt nicht mehr unter das Betäubungsmittelgesetz, sondern unter das Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG).
  • Gesundheitsdaten wie die Information über eine Cannabistherapie sind besonders geschützt und unterliegen dem Datenschutz nach DSGVO und § 26 BDSG (1). Arbeitgeber dürfen nur solche Angaben verlangen, die für die Einschätzung der Arbeitsfähigkeit notwendig sind.
  • Medizinisches Cannabis darf am Arbeitsplatz genutzt werden, wenn eine ärztliche Indikation vorliegt. Diese muss nachweisbar sein.
  • Arbeitnehmer müssen ihre Diagnose nicht offenlegen, sind aber verpflichtet mitzuteilen, wenn Medikamente wie Cannabis ihre Leistungs- oder Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen können (2). Der Arbeitgeber darf in solchen Fällen eine ärztliche Bescheinigung zur Arbeitsfähigkeit verlangen.
  • Am Arbeitsplatz muss die Leistungs- und Verkehrsfähigkeit gewährleistet sein. Zudem dürfen Sicherheit am Arbeitsplatz und reibungsloser Betriebsablauf nicht durch den Konsum gefährdet werden (3).
  • Abmahnung oder Kündigung allein aufgrund einer ärztlich verordneten Cannabisbehandlung sind unzulässig, solange keine konkrete Gefährdung vorliegt (§ 1 AGG, § 82 SGB X)(4).

Abgrenzung zum Eigenanbau und Freizeitkonsum

Es ist wichtig, den Freizeitkonsum von dem medizinischen Gebrauch abzugrenzen, da für beides unterschiedliche Regelungen insbesondere für den Cannabis Konsum am Arbeitsplatz gilt:


MerkmalVerschriebenes medizinisches CannabisFreizeitkonsum und privater Eigenanbau
Rechtliche GrundlageMedizinal-Cannabisgesetz (MedCanG)Cannabisgesetz (CanG)
BezugsquelleApothekeZu Hause selbst angebaut oder Anbauvereinigung
Ärztliche VerschreibungPflichtNicht erforderlich
DokumentationDosierung und Einnahmeintervall dokumentiertEmpfehlung zur Eigen-Dokumentation
Anerkennung als MedizinproduktJaNein
Nutzung am ArbeitsplatzZulässig bei nachgewiesener Indikation und ohne GefährdungIllegal und kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben



Wichtig:

Alle in diesem Artikel hier beschriebenen Rechte und Pflichten gelten ausschließlich für Patienten mit medizinisch verordnetem Cannabis. Wer ohne Rezept am Arbeitsplatz konsumiert, verstößt gegen Gesetze und kann arbeitsrechtliche Konsequenzen riskieren.

Arbeitsschutz und sicherheitsrelevante Tätigkeiten

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Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) schreibt in ihrer Vorschrift 1 (§ 15 Abs. 2) (5)vor, dass der Konsum von berauschenden Substanzen wie Cannabis oder Alkohol vor oder während Tätigkeiten, die Menschen oder Maschinen gefährden können, strengstens verboten ist.

§ 7 Abs. 2 ergänzt zudem, dass Mitarbeitende mit erkennbaren Beeinträchtigungen nicht mit sicherheitskritischen Aufgaben betraut werden dürfen (6). Wer also Maschinen bedient, Fahrzeuge fährt oder in sensiblen Verantwortungsbereichen arbeitet, muss vor Dienstbeginn sicherstellen, dass keine aktive Wirkung des Wirkstoffs mehr vorhanden ist.

Eine betriebsärztliche Untersuchung kann helfen, für jede Person, die auf medizinisches Cannabis im Alltag angewiesen ist, individuelle Grenzwerte festzulegen. Allerdings kann der Betriebsarzt nicht immer pauschal festlegen, wie viele Stunden zwischen der Einnahme von medizinischem Cannabis und der Arbeit liegen müssen. Er bewertet vielmehr, ob die Einnahme während der Arbeitszeit sicher möglich ist und empfiehlt gegebenenfalls Anpassungen der Arbeitsbedingungen.

Haftung und Unfallversicherung

Fällt ein Unfall in den Zeitraum, in dem medizinisches Cannabis während der Arbeit eingenommen wurde, ist entscheidend, ob ein ursächlicher Zusammenhang besteht:

  • Wenn es keinen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Unfall gibt, übernimmt die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft/Unfallkasse) alle Kosten.
  • Gibt es einen ursächlichen direkten Zusammenhang zwischen Cannabis und der Unfallursache kann die Unfallversicherung Leistungen kürzen oder verweigern. Dies gilt zum Beispiel bei Schwindel durch Cannabiskonsum beim Bedienen einer Maschine als Unfallursache.
  • Deswegen ist eine genaue Protokollierung von Einnahmezeitpunkt und Dosis der Cannabis-Medizin sehr wichtig. Nur so kann man im Schadensfall nachweisen, dass keine Beeinträchtigung durch den Konsum von Cannabis vorlag.

Arbeitgeberkontrollen und Drogentests

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Falls du dich in dem Zusammenhang fragst, ob jetzt Arbeitgeber einfach so stichprobenartig die Mitarbeitenden auf den Konsum von Cannabis testen dürfen, ist die Antwort recht klar. Denn ein Drogentest darf nur dann gemacht werden, wenn ein konkreter Verdacht auf Beeinträchtigung besteht. Und dann aber auch nur, wenn der Mitarbeiter einverstanden ist. Folgende Regelungen gelten in dieser Fragestellung:

  • Betriebsrat-Mitbestimmung: Regelungen zu Drogentests oder allgemein zum Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz müssen gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 7 BetrVG mit dem Betriebsrat abgestimmt werden.
  • Datenschutz und Verhältnismäßigkeit: Urintests sind medizinisch sensibel. Ergebnisse dürfen nur auf Einzelfallbasis und vertraulich verwendet werden. Pauschale Tests ohne Anlass verstoßen gegen das Persönlichkeitsrecht.
  • Drogentests sind nicht generell freiwillig, sondern nur zulässig, wenn ein konkreter Verdachtsgrund im Arbeitskontext vorliegt und der Betriebsrat zuvor zugestimmt hat (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG)(7). Denn in diesem Fall stellt die Testanordnung eine rechtmäßige Weisung dar, deren Verweigerung als Dienstvergehen geahndet werden kann.

Konsumformen und Rauchen am Arbeitsplatz

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Damit du deine Medizin schonend am Arbeitsplatz einnehmen kannst, haben wir dir hier alle Konsumformen aufgelistet und erklärt, inwiefern wie sie am Arbeitsplatz nutzen kannst:

  • Es gilt in den meisten Betrieben ein grundsätzliches Rauchverbot in Innenräumen. Dies schließt Cannabis mit ein, wobei es eventuell möglich ist, Außenbereiche oder Raucherzonen zu nutzen. Zudem kann der Rauch von Cannabis sehr intensiv riechen und Kollegen stören. Deswegen dürfen Arbeitgeber rauchfreie Arbeitsbereiche durchsetzen und jede Form des Rauchens untersagen.
  • Öle, Kapseln oder Vaporisatoren gelten als schonendere Alternativen. Einige Anwender berichten, dass diese Formen als weniger störend empfunden werden und kaum Geruch erzeugen. Deshalb sind sie für viele Patienten im Arbeitsalltag größtenteils praktikabler.

Branchenüberblick in Hinblick auf Toleranz

In der modernen Arbeitswelt spielt die Gesundheit der Beschäftigten eine zentrale Rolle und damit auch die Akzeptanz von Medizinalcannabis. Jedoch kann die Toleranz und Akzeptanz je nach Berufsgruppe und Tätigkeitsfeldern stark variieren. Die folgende Tabelle gibt dir einen groben Überblick über Branchen und deren Akzeptanz zu Gras auf Rezept:


BerufsgruppeAnforderungenToleranz gegenüber medizinischem CannabisHinweise
Soziale und pädagogische BerufeHohe geistige und emotionale StabilitätNiedrigSelbst leichte Nebenwirkungen können als mangelnde Eignung gelten
Beamte und SicherheitsdiensteTreue- und ZuverlässigkeitspflichtenSehr niedrigOft Null-Toleranz, auch bei medizinischem Cannabis
Gesundheits- und PflegeberufeReaktionsfähigkeit in NotfällenMittelVerständnis für Schmerztherapien, individuelle Gutachten hilfreich
Büro- und SchreibtischarbeitEinhaltung von Deadlines und KoordinationHochAkzeptanz ärztlich verordneten Cannabis ohne größere Einschränkungen



Hinweis:

Diese Tabelle gilt lediglich als grobe Einschätzungen, die auf allgemeinen Erfahrungen basieren. Es gibt kein direktes Gesetz, was Arbeitgeber zur Akzeptanz verpflichtet. In der Praxis kommt es auf den spezifischen Job, den Arbeitgeber, die Arbeitssicherheit und einige andere Faktoren an.

Fazit

Medizinisches Cannabis kann manchen erkrankten Menschen ermöglichen, ihren Job trotz gesundheitlicher Beschwerden weiter auszuführen. Die Einnahme muss jedoch auch den Vorgaben der Arbeitssicherheit entsprechen. Zudem muss eine ärztliche Verordnung und eine lückenlose Dokumentation vorliegen und gepflegt werden.

Die konkrete Akzeptanz der Patienten hängt von dem Beruf, der Tätigkeit, den Gefährdungen am Arbeitsplatz und vom Arbeitgeber selbst ab, wobei Akzeptanz bei Berufen mit hohen Sicherheitsanforderungen erschwert sein könnte.

Zudem gibt es in Deutschland kein generelles Gesetz, das Arbeitgeber zur Akzeptanz verpflichtet. Ein offenes Gespräch mit den Vorgesetzten ist immer empfehlenswert, um Vorurteile und Unsicherheiten zu besprechen und aus dem Weg zu räumen.

Rechtlicher Hinweis

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt keine Rechts- oder medizinische Beratung. Für verbindliche Auskünfte wenden Sie sich bitte an einen Fachanwalt oder Ihre Ärztin/Ihren Arzt.

Quellen

FAQ

Darf der Arbeitgeber routinemäßig Drogentests anordnen?

Nein. Ohne konkreten Verdachtsmoment (z. B. auffälliges Verhalten oder nach einem Arbeitsunfall) sind stichprobenartige oder regelmäßige Tests unzulässig. Jede Regelung zu Drogentests muss zudem mit dem Betriebsrat abgestimmt sein (§ 87 Abs. 1 BetrVG).

Wann gilt ein Drogentest am Arbeitsplatz als gerechtfertigt?

Ein Urin- oder Bluttest ist zulässig, wenn der Arbeitgeber einen konkreten Verdacht auf eine Beeinträchtigung durch Rauschmittel darlegen kann wie etwa nach einem Unfallhergang, der damit in Verbindung stehen könnte.

Wie dokumentiere ich meinen Cannabis Konsum richtig?

Führen Sie ein Einnahmetagebuch mit Datum, Uhrzeit, Dosis und Präparattyp (Öl, Kapsel, Blüten). Wenn möglich, lassen Sie sich von der verschreibenden Ärztin bzw. dem Arzt bestätigen, dass die Dosis medizinisch notwendig ist.

Kann ich mein verschriebenes Cannabis auf dem Betriebsgelände rauchen?

In geschlossenen Betriebsräumen gilt in der Regel ein generelles Rauchverbot, welches Cannabis mit einschließt. Erlaubt sind nur ausgewiesene Raucherzonen im Freien. Um Konflikte zu vermeiden, bieten sich geruchsneutralere Alternativen wie Öl oder Vaporisieren an.

Was passiert, wenn ich bei einem Arbeitsunfall unter dem Einfluss von Cannabis stehe?

Wird kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Konsum und Unfall festgestellt, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung wie gewohnt. Führt die aktive Wirkung jedoch direkt zum Unfall (z. B. Schwindel in einer Gefahrenzone), kann die Versicherung Leistungen kürzen oder versagen.

Welche Position vertritt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung zum Konsum von Cannabis und Alkohol bei der Arbeit?

Der Spitzenverband der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung hat sich klar positioniert: Null Cannabis und Null Alkohol während der Arbeitszeit. Ziel ist die Sicherheit aller Beschäftigten und die Vermeidung von Unfällen.

Gilt ein Cannabis Verbot am Arbeitsplatz für Freizeitkonsum?

Ja. Freizeitcannabis darf während der Arbeitszeit nicht konsumiert werden. Arbeitgeber können dies strikt untersagen, um die Sicherheit und Arbeitsfähigkeit aller Mitarbeitenden zu gewährleisten.

Muss ich meinem Arbeitgeber meine Diagnose offenlegen?

Nein, Arbeitnehmende sind nicht verpflichtet, ihre gesamte Diagnose zu nennen. Sie müssen jedoch mitteilen, wenn ihre Leistungs- oder Reaktionsfähigkeit durch Cannabis beeinträchtigt sein könnte.

Hat die Cannabis Legalisierung Auswirkungen auf die Unfallversicherung?

Nein. Bei medizinischem Cannabis zahlt die gesetzliche Unfallversicherung wie üblich, solange kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Konsum und Unfall besteht. Freizeitkonsum kann im Schadensfall jedoch Konsequenzen haben.

Profilbild

Hallo and High, mein Name ist Mila Grün und ich bin die Chefredakteurin der Cannabib. Meine Arbeit und meine Leidenschaft liegen im Schreiben von seriösen und wissenschaftlich fundierten Texten über das Thema Cannabis. Gemeinsam mit meinem Team kämpfe ich seit Jahren gegen die derzeitige Stigmatisierung und für eine solide Aufklärung. Damit die Cannabispflanze wieder den Stellenwert erlangt, den sie verdient.

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